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Kira Jürjens: Verdichtete Materie: Literarische Diamanten

14. Juni 2023, 18:30 - 20:00

Härte, Dichte, Klarheit und Glanz – bereits seine materiellen Eigenschaften sowie seine kristalline Struktur weisen den Diamanten als Objekt von besonderem ästhetischem Interesse aus, womit er sich auch als Metapher der poetischen Selbstreflexion anbietet. Zugleich wird der Diamant ganz konkret auf der inhaltlichen Ebene literarischer Texte relevant, wo er sich in Satire, Komödie, Kriminalnovelle und Abenteuerroman seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert als heimlicher Protagonist etabliert.

In einer gattungs- und medienübergreifenden Perspektive richtet der Vortrag exemplarische Schlaglichter auf den Diamanten in literarischen Texten vom späten 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert.

Besondere Aufmerksamkeit gilt der poetischen Kraft, die der Diamant im Spannungsfeld von Dichte und Zerstreuung entfaltet: Als Träger von Flüchen und Schutzzaubern, aber auch als ganz profaner Gegenstand des ökonomischen Begehrens erweist sich der Diamant als regelrechter Plot-Treibstoff und zentrierendes Ding-Symbol. Im Dialog mit (populär-)wissenschaftlichen Schriften des 19. Jahrhunderts gilt es zu fragen, inwiefern sich die Literatur für eine solche Funktionalisierung des Diamanten auch auf dessen chemische Verwandtschaft mit dem Energielieferanten Kohle sowie auf dessen geologische Entstehungsgeschichte unter erhöhtem Druck und starker Hitze berufen kann.

Dabei werden Fragen der Zeitlichkeit auf verschiedenen Ebenen relevant: So ist zu klären, wie sich die materielle Dauerhaftigkeit und ästhetische Zeitlosigkeit des Diamanten zum Doppelcharakter der Mode zwischen Flüchtigkeit und Beständigkeit verhält. Als Repräsentant einer geologischen Tiefenzeit, aber auch als Erbstück oder Geschenk verfügen literarische Diamanten über lange und verwickelte Objektbiographien, die sich mit den individuellen und familiären Lebensstationen der Figuren verflechten und im Wechsel von Erwerb, Verlust und Weitergabe narrativ produktiv werden.

Darüber hinaus sind die jeweils inszenierten Präsentationsmodi von Interesse: Wie wird der Diamant für Figuren wie für Leser*innen sicht- bzw. vorstellbar? In welche materiellen und räumlichen Arrangements ist er eingebunden und welche Beziehungen werden dabei zwischen Schmuck- und Kleidermode hergestellt? Damit stellen sich auch Fragen nach der geschlechtlichen Besetzung und geschlechterperformativen Dimension des Diamanten sowie nach dem literarischen Umgang mit den Gewaltgeschichten seiner kolonialen Herkunft.

Veranstaltungsort

Zoom

Veranstalter

Goethe-Universität Frankfurt am Main