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Michael Niehaus: Gattungstheorie – Genretheorie
16. November 2022, 18:00 - 20:00
Das Literaturwissenschaftliche & literaturdidaktische Kolloquium ist eine langjährige etablierte Vortragsreihe, in der eine Vielzahl von renommierten Mitgliedern der Scientific Community und jüngere Nachwuchswissenschaftler*innen ihre Forschungen zur Diskussion stellen.
Veranstaltet von Prof. Dr. Tobias Kurwinkel, Prof. Dr. Rolf Parr, Prof. Dr. Alexandra Pontzen und den Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen der Neueren deutschen Literaturwissenschaft und -didaktik
Das Literaturwissenschaftliche & literaturdidaktische Kolloquium an der Universität Duisburg-Essen findet im Wintersemester 2022/23 jeweils mittwochs, 18h c.t. in Raum R11T – R11 T04 C45 statt. Es wird zudem via Zoom übertragen. Den Link erhalten Sie auf Anfrage bei dennis.borghardt@uni-due.de. Externe Gäste sind herzlich eingeladen.
16.11.22: Prof. Dr. Michael Niehaus (Fernuniversität Hagen): Gattungstheorie – Genretheorie
Die literarische Gattungstheorie blickt einerseits mit Genugtuung, andererseits mit Skepsis auf eine Geschichte von zweieinhalb Tausend Jahren zurück, also auf Platon und Aristoteles. Mit Genugtuung, weil das ehrwürdige Alter den Gegenstand adelt, mit Skepsis, weil mit diesem Erbe systematische und transhistorische Setzungen wie insbesondere die Gattungstrias verbunden scheinen, mit denen man lieber nichts zu tun haben möchte. Die Genretheorie hingegen ist, vereinfacht gesprochen, vom jungen Medium Film bzw. der amerikanischen Filmwissenschaft ausgegangen. Sie hat sich zunächst mehr oder weniger unbekümmert der Frage bemächtigt, wie man Filme mit Gruppenbezeichnungen versehen kann, inzwischen hat sie es jedoch auf dieser Grundlage zu einer elaborierten Theorie gebracht, deren Verhältnis zur klassischen Gattungstheorie allerdings unklar bleibt, zumal ja im Englischen und Französischen sprachlich zwischen Genre und Gattung gar nicht unterschieden wird. Im Deutschen jedenfalls hat sich in den letzten Jahrzehnten die Rede von Genres auch auf die Literatur ausgedehnt. Harald Fricke beispielsweise möchte den Begriff der Gattung dem ungeregelten umgangssprachlichen Gebrauch überlassen und stattdessen kategorisch zwischen Textsorte und Genre unterscheiden. Der Vortrag versteht sich als eine Art Werkstattbericht. Erörtert werden soll, in welchem Verhältnis der Genrebegriff und der Gattungsbegriff zu einander stehen. Dabei soll die These angedeutet werden, dass wir eigentlich alle von Haus aus besser wissen, was ein Genre ist, als die Genretheorie und die Gattungstheorie es zu formulieren in der Lage sind.